Nachdem ich zuerst gar nicht nach Sofia wollte bin ich letztlich laenger dort haengengeblieben als an jedem anderen Ort auf dieser Reise. Als ich die Stadt wieder verlasse entscheide ich mich abermals dafuer ein gutes Stueck mit dem preiswerten Zug zu fahren. 5 Stunden dauert die Fahrt bis in den aeussersten Norden Bulgariens. Hindurch duch die steilen Felswaende des Westbalkans und bis hin an die serbische Grenze. Ich habe zwar ein Zugticket bis Vidin, als ich aber fuer die letzten 20 km in einen Bus umsteigen soll, entscheide ich mich aber von dort aus endlich wieder auf's Rad umzusteigen. Ein voellig anderes Land liegt nun vor mir. Nur allzu deutlich sind die serbischen Einfluesse hier im Norden. Am naechsten Morgen erreiche ich die serbische Grenze und es kommt zu einem absoluten Novum auf dieser Reise. Wohl mehr aus Neugier als aus tatsaechlichem Pflichtbewusstsein verlangt die Grenzbeamtin doch tatsaechlich, dass ich eine meiner Taschen oeffne. Leider hat sie kein Glueck bei der Wahl der Tasche und so erwartet sie nichts anderes als dreckige, stinkende Unterwaesche. Schnell knallt sie deshalb den Stempel in meinen Pass und wuenscht mir eine gute Reise.
120 km geht es an diesem Tag durch die nicht besonders aussergewoehnliche, deshalb aber nicht minder schoene Bergwelt Serbiens. Es geht durch endlose Mischwaelder und Bunkeranlagen um die herum sich haeufig kleine Felder fuer den Eigenbedarf befinden. Die Felder werden noch per Hand gepfluegt, Traktoren gibt es wenige, Autos noch weniger. Verfallene Weiler, neugebaute Einsiedlerhoefe und die ungezaehlten Denkmaeler zeugen noch recht deutlich von den Schrecken des Krieges. Der Tag endet mit einer langen und rasanten Abfahrt hinunter nach Zagubica und standesgemaess mit heissen, feurigen Wuerstchen am Lagerfeuer.
Die 100 km durch das serbische Flachland am naechsten Tag erscheinen mir da recht erholsam und so bin ich schon am zweiten Abend in Serbien nahe an Belgrad herangekommen. Statt mich in den Grossstadtverkehr zu stuerzen entscheide ich mich einmal wieder dafuer den Zug zu nutzen um die Hauptstadt zu erreichen. Eine Fehlentscheidung. Vermutlich waere ich mit dem Rad schneller gewesen als mit dieser Bimmelbahn. Auf meiner Karte sind es 50 km, dafuer braucht der Zug sage und schreibe gute 2 Stunden.
Belgrad selbst hat, wie Hauptstadte das so oft an sich haben, ein voellig anderes Gesicht als der Rest des Landes. Keine geruhsame Einfachheit, keine kleinen Tante-Emma-Laeden und kein Quieken, Kraehen und Bellen auf der Strasse. Stattdessen koennte die Innenstadt auch irgendwo in Berlin, Madrid oder einer anderen mitteleuropaeischen Metropole sein. Mc Donalds, 24 Std. Supermaerkte und edle Cafes mit Rattan-Sesseln. Was ganz Osteuropa versucht ist hier schon recht weit gediehen. Westeuropaeischer Standart scheint nahezu erreicht zu sein, osteuropaeisches Flair ist dafuer beinahe zur Gaenze verschwunden.